Love first – task second

Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Offen spürbar oder auch subtil unterschwellig belastet die aktuelle Situation alle Menschen unserer Gesellschaft mehr oder weniger. Und leider scheint unser Gehirn so aufgebaut zu sein, dass beiden psychischen Regelkreisen, dem Angst-/Gefahr-orientierten wie dem Liebe-/Freude-orientierten, sich selbst verstärkende Dynamiken innewohnen. Deshalb gilt es aktiv gegenzusteuern!

Alles, was gute Gefühle in uns weckt, stabilisiert unsere Psyche, unser Immunsystem und hilft uns, diese Pandemie gut zu überstehen. Lach-Yoga, Umarmungen, Lächeln, positive Gesten, kleine Aufmerksamkeiten, ein Spaziergang in der Natur, ein gutes Buch, ein entspannender Film, regelmäßige Meditationen, Zusammensein mit Tieren, freudige Erinnerungen aus dem Fotoalbum, hoffnungsvolle Pläne für „die Zeit danach…“

Besonders in anstrengenden, fordernden Zeiten tendieren wir dazu, die Zähne zusammenzubeißen, Situationen durchzustehen, und dabei die kleinen Aufmunterungen für uns und andere zu vergessen. Normalerweise ist das nicht tragisch, da ja entspannte und erholsame Erlebnisse mit den Belastungen abwechseln. Doch nach nun fast 12 Monaten steter Ausnahmesituation hat sich dieses „gewohnte Gleichgewicht“ deutlich verschoben. Angst, Stress und Hilflosigkeit dominieren vielfach den Alltag und führen vermehrt zu Resignation und Aggression.

In dieser Situation ist es besonders wichtig, unser eigenes seelisches Wohlbefinden und das unserer Mitmenschen mehr in den Blick zu nehmen und kontinuierlich zu stützen. Dabei hat mir eine kleine Grundregel sehr geholfen: Love first – task second. Zuerst die Stimmung und die Beziehung positiv gestalten, und dann die anstehenden Aufgaben angehen! Denn neben den Belastungen gibt es zahlreiche Gelegenheiten, mit kleinen Ritualen das Gleichgewicht zum Positiven zu verschieben.

Wie geht es mir eigentlich?

thermometer wohlfühltestInzwischen gibt es ja für alles eine App, aber auch ein regelmäßiges Weck-Signal auf dem Handy oder ein Zettel im Türrahmen kann uns daran erinnern, regelmäßig den eigenen Wohlfühl-Status zu registrieren. So könnte ich jedes Mal, wenn ich die Küche (oder das Wohnzimmer, die Toilette…) betrete, ein kleines Experiment machen: stehenbleiben, 3 x durchatmen, die Füße auf dem Boden spüren und dann einmal vom Scheitel bis zur Sohle nach Verspannungen scannen. Anschließend wird das Ergebnis des kleinen Stress-Tests auf einer Skala von 1 bis 10 in einer Strichliste eingetragen.

Nach ein paar Tagen habe ich einen ersten Eindruck, bis zu welcher Zahl ich mich in der Regel noch wohlfühle und ab wann ich mich belastet fühle. Diese Bereiche kann ich farblich markieren. Und nun der Trick: Schon auf der ersten Stufe der Belastung lege ich eine kleine Pause ein und tue mir etwas Gutes. Schließlich kenne ich mich ja selbst: „Nur noch schnell…“ heißt meistens, dass die Pause ausfällt ;-) – Also: Jetzt oder nie!

Und wenn mein Stress-Level wieder in den Wohlfühlbereich gesunken ist, geht´s weiter.

Fällt mir gerade etwas Positives auf?

Wer regelmäßig vorbeugt braucht oft keine bittere Medizin. Für unser emotionales und Beziehungs-Gleichgewicht gilt das ebenso wie für unser körperliches Wohlbefinden. Freue ich mich gerade über etwas? Bin ich zufrieden, weil mir etwas gelungen ist? Sehe ich ein schönes Bild oder höre ich eine schöne Melodie? Dann: Innehalten, bewusst wahrnehmen und wenigstens 20 Sekunden aufnehmen und innerlich nachspüren und wirken lassen. Diese Zeit braucht unser Gehirn, um die angenehme Erfahrung zu registrieren und im Wohlbefinden-Tank zu speichern!

Hatte ich gerade eine angenehme Begegnung? Freue ich mich über meine/n Partner/in oder mein/e Kind/er? Kommt mir gerade ein Lächeln entgegen? Dann: Innehalten, bewusst wahrnehmen und sogleich die Freude zurückgeben. So können wir dazu beitragen, dass die persönlichen Begegnungen, die geblieben sind, uns erfreuen, stärken und ermutigen, statt unbemerkt vorbeizuziehen.

Was will ich eigentlich?

schnelltestIm Zusammenleben mit Kindern gibt es auch zahlreiche Situationen, die scheinbar schnelles oder striktes Reagieren erfordern. Im Stress-Modus tendieren wir leider dazu, ungünstige oder veraltete Reflexe aus unserer eigenen Vergangenheit zu wiederholen. Nur im Wohlfühl-Modus ist unser Gehirn voll arbeitsfähig und kann uns mit inspirierenden, kreativen Ideen zur Problemlösung versorgen.

Jeder Impuls zur Eile ist also eine gute Gelegenheit für einen „Schnell-Test“

Und wenn es mal schief geht und ich meine schlechte Verfassung an meinen Liebsten ausgelassen habe? Dann hilft immer auch eine Entschuldigung. Denn niemand ist perfekt. Und jeder Versuch zählt, denn er macht unsere Welt und unser Zusammenleben ein wenig friedlicher, ein wenig konstruktiver: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Mein Fazit:
In vielen Familien hat sich das Gleichgewicht von belastenden und freudigen Situationen in den vergangenen Monaten stark verschoben. Manchmal entstehen so Teufelskreise mit immer weniger positiven Erlebnissen. Die bewusste Wahrnehmung und Kommunikation angenehmer Gefühle kann einen Abwärtstrend stoppen, und die beschriebenen Handlungsvorschläge setzen einen Engelskreis positiver Erlebnisse und Erwartungen in Gang. Wir haben es in der Hand!

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