Buddha im Garten

Ständig registriert mein Körper und mein Geist eine Unzahl von Sinneseindrücken. Gedanken und Gefühle strömen durch das Gehirn und bewirken meine Reaktionen. Diese Reize und Reaktionen bewusst wahrzunehmen ist eine wunderbare Gelegenheit, mich selbst besser kennenzulernen.

Denn schließlich wird mir nur dann gelingen, was ich mir vornehme und was ich erreichen will, wenn ich nicht in Wunsch- oder Angstträumen festhänge, sondern wenn ich eine einigermaßen reale Vorstellung von mir und den mich umgebenden Umständen habe.

Buchtipp:
Die Weisheit der Ausweglosigkeit heißt ein wunderbares Buch von Pema Chödrön, die darin aus ihrer buddhistischen Tradition 108 kurze Inspirationen und Unterweisungen verfasst hat, die ich gerne für meine Meditationsübung nutze.
www.arbor-verlag.de/…/die-weisheit-der-ausweglosigkeit

Heute vormittag stand ich gerade im Garten und genoß den beginnenden Frühling als mir ein Satz aus dem 20. Abschnitt des Buches in den Sinn kam:

„Alles in unserem Leben hat das Potential, uns aufzuwecken oder uns einzulullen.“

Und so stand ich da, mit wachen Sinnen und spürte meinem Erleben nach. Zuerst war da mein eigenes Gewicht, das ich in den Fußsohlen spürte, und der tragende Boden unter mir, die Tiefe der Welt.

Erkenne Dich selbst

Ein Windhauch streifte durch mein Gesicht, bewegte meine Haare, dann das Geräusch des plätschernden Wassers, das in den Teich lief, ein Vogel zwitscherte, die Sonne wärmte meine Schulter und den Nacken, dann hörte ich das Rauschen des Windes und des Verkehrs, ich spürte die Spannung der Muskeln in den Beinen, die leicht schwingende Bewegung des Beckens, die Bewegung des Atems im Bauchraum, ein Kribbeln in den Handflächen, gespannte Aufrichtung im Rücken.

Alle Wahrnehmungen gingen fließend ineinander über, kaum unterscheidbar in der Reihenfolge waren alle Eindrücke parallel da. Die Sinne folgten dem Wind um die Ecke des Hauses, reichten hinauf bis zur Wärme spendenden Sonne, gleichzeitig erinnerte der Speichel im Mund an den Geschmack des Kaffees vom Morgen.

Achtsamkeit weckt die Sinne auf

Ich hatte ein Gefühl, gleichzeitig hellwach und ohne klar abgegrenztes Ich zu sein, reines Wahrnehmen in einem umfassenden verbunden sein. Alles fließt im Körper, um den Körper und zwischen Körper und Umgebung, keine Grenzen, nur fließende Übergänge, in denen sich das Bewusstsein frei bewegt.

Sanft fließender Geist wendet sich den Körperwahrnehmungen zu und folgt den Strahlen der Sonne, wie den Geräuschen der Vögel. So ist „Ich“ alles, und alles ist ich – keine Trennung – inzwischen sein – zugleich sein – umfassend sein – leer sein – ohne eigenständige Existenz – ich bin, wenn etwas ist.

Wer entscheidet, wer Du bist?

In unserem alltäglichen Handeln nutzen und benötigen wir vor allem unsere Fähigkeit, unterscheidend wahrzunehmen. Wenn die Ampel rot ist, bleiben wir klugerweise stehen, wenn die Ampel grün ist, können wir sicher gehen. Unnötige Risiken vermeiden wir, überhöhte Preise wollen wir nicht zahlen, zu politischen Entscheidungen gibt es unterschiedlichste Argumente und Interessen.

Und gleichzeitig ist es gut zu wissen, dass es bei allen Differenzen nur einen Planeten, nur eine Menschheit gibt. Alle unsere Unterschiedlichkeiten sind nur relevant, weil es da eine übergeordnete Verbundenheit gibt. Der westlichen Fokussierung auf logisches Denken und persönliche Individualität verdanken wir ein großes Maß an Freiheit und Fortschritt. Diese einseitige Sicht hat aber drastische Nebenwirkungen, wenn sie nicht durch eine ganzheitliche, ökologische, interkulturelle und planetarische Perspektive im Gleichgewicht gehalten wird.

Verbundenheit und Individualität existieren nur gemeinsam

Verbindung ist allüberall, nicht nur zwischen „den Dingen“, jede Trennung, jede Theorie über die Welt und uns darin, ist ein künstliches geistiges Konstrukt – hilfreich auf einer bestimmten Ebene des Lebens und des Verständnisses, aber nicht einzig oder grundlegend wahr.

„Ich denke, also bin ich.“ - Ja, Du hast ein bisschen recht.

Und: "Es war nicht immer so und wird auch nicht so bleiben."

Mein Fazit:
Überwältigt von Informationen, die wir nicht anhand von persönlichen Erfahrungen bewerten können, ungewohnt bedrängt von Maßnahmen, deren Sinnhaftigkeit nur begrenzt nachvollziehbar ist, neigen wir zu Härte und Konfrontation. Konflikte um scheinbar eindeutig richtiges oder falsches Verhalten entzweien uns und zerstören den Zusammenhalt in der Gesellschaft.

Die Folge sind noch mehr Angst und Unsicherheit, noch weniger gegenseitiges Verständnis und Kooperation. Jede/r Einzelne ist hier gefragt, bewusst gegenzusteuern. Nur in der gegenseitigen Anerkennung unterschiedlicher Lebensentwürfe können wir unsere Freiheit bewahren. Nur mit Mitgefühl und Kooperation können wir als Familie zusammenleben und als Menschheit überleben.

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